Erstaunlich, dass man zweimal hintereinander den gleichen Fehler macht. Ein Frauengrüppchen kommt erst zu Beginn von der Übertragung von Verdis Aida zu spät, und alle, die in ihrer Reihe sitzen, müssen aufstehen, um sie auf ihre Plätze zu lassen. Das gleiche Bild bietet sich nach der Pause und das Getrappel der Füße will so gar nicht zu dem feinsten Pianissimo des Nils passen, das Philippe Jordan mit dem Orchester der Opéra national erzeugt.
Auch das Bühnenbild von Pierre-André Weitz gleicht mit seinen routierenden Räumen dem gigantischen Bühnenbild, das er in Köln für La forza del destino auf die Bühne gewuchtet hat. In Paris ist das nun eine goldene, gleißende Kulisse, die dank der Ausleuchtung von Bertrand Killy nie einfach nur prächtg wirkt, sondern bedrohliche Schattenräume hat. Beim Triumphzug steht ein einsamer "Arc de triomphe" auf der Bühne, unter dem eine große Leichenkammer sichtbar wird. Diese groß dimensionierte Bühne bringt Oliver Py stellenweise in die Verlegenheit eine dreidimensionale Personenführung zu arrangieren. Das führt häufig dazu, dass ein Sänger vorne an der Rampe mit in den Kopf gelegten Nacken mit einem anderen in luftiger Bühnenhöhe kommuniziert. Pys Interpretation, in der die Hanldung von allem ägyptischen Beiwerk losgelöst wird, betrachtet die Oper als Italiens Selbstfindungsprozess zu Verdis Lebzeiten. Doch irgendwie kann dieses Konzept trotz einiger starker Bilder nicht durchgehend fesseln. Ramfis steht ganz unverholen für die katholische Kirche und wenn dieser Bischof dann vor einem goldenen Palast steht, muss man in Deutschland schon schmunzeln.
Musikalisch gelingt der Abend recht achtbar, wenngleich die meisten Sänger darstellerisch vor allem in den ersten beiden Akten etwas gebremst, mimisch geradezu unbeteiligt wirken. Oksana Dyka hat eine sehr schöne Stimme, die in jeder Lage verständlich und angenehm bleibt. Doch trotz sehr schöner Töne vermag sie nicht zu berühren - die Buhs am Ende waren trotzdem mehr als ungerechtfertigt. Marcello Alvarez ist ein kraftvoller, sehr souveräner Radames, den ausgerechnet im "Celeste Aida" seine Legato-Fähigkeiten verlassen. Roberto Scandiuzzi bleibt als Ramfis sehr blass und bekommt erst im letzten Akt mehr Profil. In der Diktion eher schwach ist Luciana D'Intion, doch ihre Amneris ist mit einer beeindruckenen Bruststimme ausgestattet, die der Prinzessin große Autorität verleiht. Sergey Murzaevs Amonasro ist ein szenischer Aktivposten, sein Bariton bräuchte nur in der Höhe mehr Sicherheit. Carlo Cigni hinterlässt in der kurzen Rolle des Königs einen guten Eindruck. Schlichtweg großartig - schön im Piano, kultiviert im Forte - ist der Chor der Opéra national, der von Patrick Marie Aubert einstudiert wurde. Phillipe Jordan zeigt vor allem die filigranen Zwischenräume auf, die Verdi komponiert hat. Mit dem bestens disponiertem Orchetser gelingen ihm wunderschöne Momente, aber auch kraftvolle Dramatik. Chor und Orchester liefern die beste Leistung dieser Übertragung!
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