Sonntag, 9. Februar 2014

Live in HD - Rusalka - Met/Münster, 08.02.2014



Das Schöne an der aktuellen Live-in HD-Saison ist ja, dass man mal auf Werke stößt, die man nicht ganz so häufig sieht. Neben der Nase kam ich zu der Gelegenheit meine erste Rusalka live zu sehen, die ich bislang nur von CD oder DVD her kannte. Allein schon wegen Dvoráks herrlicher Musik und in diesem Fall der sehr guten musikalischen Umsetzung hat sich der Besuch gelohnt.


Im heutigen Theateralltag gehören seine Inszenierungen zu einer aussterbenden Gattung. Otto Schenks bildgewaltige, traditionelle, teilweise legendäre Inszenierungen verschwinden nach und nach von den Spielplänen der Theater. Da war die Rückkehr seiner Rusalka auf den Spielplan der Met eine willkommene Abwechslung, die dank der Live-Übertragung ins Cineplex auch die Münsterländer genießen konnte. Schon in der Pause hörte man Lobeshymnen auf die beiden gewaltigen Bühnenbilder von Günther Schneider-Siemssen: Die leicht düstere, detaillierte Waldlandschaft erinnerte aber auch gleichzeitig sehr an das Bühnenbild zum zweiten Siegfried-Akt. Vielleicht sind die Nibelungenhort-Höhle und der Rusalka-See ja in unmittelbarer Nachbarschaft. Auf jeden Fall erfüllten See und die Höhle für die Hexe Jezibaba (skurill und versiert: Dolora Zajick) als Spielfläche für den ersten und dritten Akt genau den Zweck. Der zweite Akt spielte im Garten mit riesiger Treppe vor dem Palast des Prinzen.


So sehr man sich auch über die werktreue Märchenerzählung freuen konnte, grenzte einiges schon an unfreiwillige Komik: Zum Beispiel, dass die Tänzer des Prinzen ausgerechnet vor dem Gartenteich ihre Choreographie, die für Met-Verhältnisse auch überraschend lahm ausfiel, aufführten. Jedenfalls konnte aus dem großen Gartenteich der Wasserman beobachten und bei seinem Klagelied lief John Relyea zur Höchstform auf. Auch die putzigen Tierchen wie Maus und Frosch, gespielt von ambitionierten Kindern, waren dann schon etwas zu viel des Guten. Die dringendste Frage hatte allerdings Rusalka-Sängerin Renée Fleming selber an den leider nicht anwesenden Regisseur: Wie kommt die fußlose Nixe in den Baum?

 
Tatsächlich musste die Nixe Rusalka, die von einem Leben als Mensch träumt, um einen Prinzen nahe zu sein, ihren ersten Auftritt in einer Art Baumkrone absolvieren, wo sich ihre langen blonden Haare nur allzu gern mit den kleinen Ästen verband. Natürlich war sie dort dem Vollmond ganz nahe und so absolvierte Renée Fleming nicht nur das berühmte Lied an den Mond sondern gleich ihre ganze Paradepartie mit diesem herrlich sehnsüchtigen Klang und wundervoll wehmütigen Schattierungen. Ihr und dem Prinzen hätte man gerne ein Happy End gegönnt, denn auch Piotr Beczala befand sich als wahrhaftiger Prinz Charming mit frei strömendem Tenor in absoluter Bestform und sein Tod am See rührte fast zu Tränen. Vor allem bei seinem ersten Auftritt erinnerte er ein bisschen an Tamino, darstellerisch ließ er ansonsten keine Wünsche offen. Bei der Fleming habe ich oft das Gefühl, dass ihre Mimik etwas eindimensional ist. Allerdings gelang ihr der zweite Akt, wo sie erst schweigen muss und dann verzweifelt ihr Scheitern einsehen muss, darstellerisch deutlich besser. Wundervolle Klänge kamen auch aus dem Orchestergraben, wo Yannick Nézet-Séguin mit dynamischen Dirigat die Musik Dvoráks fließen lies, kleine Stromschnellen erzeugte und auch den herrlichen Zustand der Schwerelosigkeit. Am Ende gab es für ihn und das Orchester ebenso Ovationen wie für die Sänger und auch in Münster regten sich ein paar Hände.

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