Die Reise nach London brachte endlich den Besuch der Royal Opera Covent Garden mit sich. Am Tag der Anreise stand Faust auf dem Spielplan. Leider machte uns die Zugverbindung durch den Tunnel beinahe einen Strich durch die Rechnung. Mit sieben Stunden (!) Verspätung kamen wir in London an, und schafften es gerade so noch rechtzeitig am Opernhaus zu sein.
Die Inszenierung von David
McVikar ist großes Theater. Da kontrastieren im Bühnenbild von Charles Edwards eine Theaterloge als
Mephistos Welt der Täuschung auf der linken Seite und auf der rechten Seite
eine große Orgel als Symbol für eine göttliche Ordnung. Zwischen dieser
Polarität findet nun der Wettkampf um die Seelen statt. Aus der Hinterbühne
werden die Bühnenelemente herbei geschafft, die benötigt werden, um die Szene
deutlich zu machen. Bruno Ravella
war für die szenische Wiedereinstudierung verantwortlich, die ihm nicht
durchweg gelungen ist. Zu oft wird der Weg an die Rampe gesucht. Doch insgesamt
ist das Feuer der Produktion aus dem Jahr 2004 (auf DVD zu bewundern!!) erhalten
und bietet eine sehenswerte Umsetzung des Stoffes mit vielen unterhaltsamen und
düsteren Details. Auch das Ballett der Royal Opera wird perfekt in die Szene
mit eingebunden.
Musikalisch war das Revival bewundernswert besetzt und
einstudiert worden. Für die abgesprungene Anna Netrebko hat man Sonya Yoncheva verpflichten können, die
mir schon sehr positiv auf der Aids-Gala in Düsseldorf aufgefallen war. Dieser
Eindruck wird nun als Marguerite bestätigt. Ihr schönes Timbre, der Fluss der
Stimme, die weichen Höhen machen aus dem Ersatz eine hochkarätige Besetzung. Jospeh Callejas hartes Vibrato ist
anfangs gewöhnungsbedürftig, doch dann genießt man den weichen, bruchlos
geführten Tenor, der ganz unforciert die Titelpartie meistert und Diktion und
Musik miteinander verbindet. Gemessen an der DVD hat Bryn Terfel an Klang eingebüst, doch sein Mephistopheles ist und
bleibt eine faszinierende Erscheinung. Ein gefallener Engel voller Sarkasmus
und Bosheit, ein Spieler mit böser stimmlicher Attacke. Großes Opernkino ist
die Konfrontationen mit Valentin, der von Simon
Keenlyside energisch wie elegant gesungen und verkörpert wurde. Eine wahre
Luxusbesetzung! Sehr gut ist auch der Siébel von Renata Pokupic.
Während der Chor der Royal Opera sehr souverän und
klanggewaltig überzeugt, hat das Orchester der Royal Opera nicht seinen besten
Abend. Zu viele kleine Ungenauigkeiten mischen sich die pulsierende
Interpretation von Maurizio Benini,
der nicht nur elegant zu begleiten weiß, sondern aus Partitur viele Feinheiten
herausholt. Zarte Lyrismen wechseln sich mit schwungvoller Rythmik ab, auch an
Dramatik mangelt es nicht.
Insgesamt ein spannender Opernabend in einem wirklich sehr
schönen Opernhaus. Kleiner Tipp: Etwas Zeit vor der Vorstellung mitbringen und
im Opernhaus ganz nach oben fahren. Dort gibt es draußen eine kleine Galerie,
von wo aus man die Atmosphäre des Covent Garden Place aus luftiger Höhe
genießen kann. Das konnten wir dann bei der La Traviata zwei Tage später noch
nachholen.
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