Mittwoch, 31. Juli 2013

Eben gehört: Der Ring des Nibelungen - Bayreuth 2013

Soeben geht die Neuinszenierung von Wagners Ring in Bayreuth zu Ende. Heftigste Buh-Rufe lässt Frank Castorf und sein Team über sich ergehen, Jubel gibt es für Kiril Petrenko und das Orchester der Festspiele. Zustimmung und Ablehnung ernten die Sänger - das bestätigt die große Bandbreite der Leistung. Natürlich hört man vor dem Radio die Leistungen der Sänger anders als live im Festspielhaus. Doch zweifellos kann Dirigent Kiril Petrenko auch einige Sänger noch in den Bayreuther TÜV schicken.

Denn zweifellos ist der zukünftige GMD der Bayerischen Staatsoper der große Gewinner des neuen Rings. Nahezu perfekt interpretiert er in der schwierigen Akustik das Mammutwerk, setzt große Bögen, erarbeitet dabei zugleich allerkleinste Details. Kleines Beispiel: Wenn Mime vom fassungslos Wanderer zurückgelassen singt "Verfluchtes Licht..." und das Motiv des Drachen aufkommt, hört man in den Bläsern dank dynamischer Feinarbeit die Bewegung des Körpers, das gähnende Aufklappen des Maules. Kurzum: Kiril Petrenko und das Orchester liefern ab: Auf der einen Seite die Interpretation, auf der anderen Seite die Technik. So ergibt sich eine musikalische Glanzstunde und die passende Antwort auf den Ring bei den BBC-Proms in London, wo Daniel Barenboim ebenfalls voll ins Schwarze trifft.

Vokal überwiegt vor allem die Interpretation, an der Technik darf, kann - und ja,bei einigen auch - muss noch gefeilt werden. Wolfgang Koch läuft erst ab der Walküre auf Festspiel-Touren. Im Rheingold ist er natürlich auch als Figur präsent. Vielleicht schont er sich, vielleicht ist es die Nervosität... auf jeden Fall kann er das besser, wie er auch später unter Beweis stellt. Beeindruckend lange hält er starke Spitzentöne (...reite zur Wal). Im Monolog der Walküre lässt er dem Wort einen leichten Vorzug vor dem Ton. Insgesamt ein recht guter und vor allem charakterstarker Wotan der Festspielgeschichte.

Auf dem besten Wege in die Fußstapfen berühmter Ex-Heldentenöre (Wolfgang Schmidt, Siegfried Jerusalem) zu treten, ist Lance Ryan. Er jettet zwischen London, wo er nur den jungen Siegfried singt, und Bayreuth hin und her. Bei den Festspielen ist er auch beim letzten Ring in Erscheinung getreten, doch von seiner damaligen Leistung ist er weit entfernt, wenngleich man ihm den jungen Helden noch abnimmt. Doch die ersten Abnutzungserscheinungen sind deutlich zu hören - eine Pause dringend angeraten. Schade wäre es, wenn hier der nächste Mime zu hören ist.

Auch bei Anja Kampe (Sieglinde) klirrt die Höhe schon recht deutlich. Auch hier ist Vorsicht geraten, doch dafür stimmt der Rest dieser Interpretation ins kleinste Detail. Mit Johan Botha ist ein lang bekannter Siegmund aufgeboten, der kaum überzeugender sein kann. Zusammen mit Franz Josef Selig als Hunding ist der erste Walküren-Akt als gelungen zu bezeichnen. Catherine Foster überzeugt vor dem Mikro mit sehr schönen lyrischen Qualitäten und mit einer vielen Differenzierungen. Bei ihr kann man erwarten, dass sie im Laufe dieser Ring-Geschichte noch weiter wachsen wird.

Technisch nicht immer souverän, aber rollendeckend treten Burkhard Ulrich als Mime (mit engen Höhen) und Norbert Ernst als Loge auf. Auch Attila Jun liefert vor allem packende Momente und nicht immer die richtigen Töne. Positive Entdeckungen dieses Ringes sind Lothar Odinius (Froh) und Allison Oakes (Gutrune),die  in Westfalen schon durch hochwertige Auftritte als Tosca, Salome und Senta bekannt ist. Auch Claudia Mahnke (Fricka, Waltraute), Elisabet Strid (Freia) und Nadine Weissmann (Erda) machen Lust auf weitere Wiederbegegnungen in den nächsten Jahren. Bein den Riesen ist der hervorragende Günter Groissböck als Fasolt nicht zu schlagen, auch nicht von Sorin Colibran als etwas brummeliger Fafner. Ins Rollen gebracht wird das Drama von Martin Winkler. Der singt den Alberich mit typgerechtem Timbre und dementsprechender Ausstrahlung.

Der neue Bayreuther Ring wird szenisch heiß diskutiert (und vor allem abgelehnt), Kiril Petrenko ist heiß geliebt und die Sänger können insgesamt überzeugen. Doch unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass immer noch Luft nach oben ist. Daher darf man nicht nur gespannt sein, wie Castorf seinen Ring weiterentwickeln wird, sondern auch  was sich vokal im Jubiläums-Ring tun wird.

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